Linienfolger

Unsere Masterstudierende sind nicht nur Absolventen und Absolventinnen des Bachelorstudiums der Mikrosystemtechnik hier an der HTW Berlin. Sie kommen auch aus anderen Fachrichtungen oder haben nach ihrem Bachelorstudium einige Zeit in der Industrie gearbeitet und streben mit dem Masterstudium eine akademische Qualifizierung an. So ist das erste der vier sogenannten MST-Projekte eine kleine Standortbestimmung auf dem Weg zum erfolgreichen Abschluss des Masterstudiums der Mikrosystemtechnik.

Eines der Projekte der Mikrosystemtechnik (MST-Projekt) im Masterstudium startete mit einer scheinbar einfachen Aufgabe: Jeder Studierende sollte einen sogenannten Linienfolger aufbauen und damit am Ende des Semesters ein Rennen bestreiten. Es war ein Projektplan zu erstellen und eine Materialauswahl zu treffen. Die Termine für die Sammelbestellung der Bauteile und das Rennen standen fest. Für das Rennen galten folgende Spielregeln: Das Fahrzeug darf maximal 100 Gramm wiegen und 25 Euro kosten. Es folgt einer weißen Linie, die auf grauen Linoleum geklebt wird. Für eine Runde sind auf der Rennstrecke 40 Meter zu absolvieren.

Eine mögliche Lösung

Linoleum ist ein glatter Fußbodenbelag. Das Maximalgewicht des Fahrzeugs von 100 Gramm macht es erforderlich, dass die Räder über genug Reibung verfügen, soll das Antriebsmoment direkt vom Motor auf den Boden übertragen werden. Deshalb muss auch ein möglichst großer Teil der Fahrzeugmasse über den Rädern platziert werden. Da zwei Antriebsmotoren vorgesehen sind, lässt sich das Lenken des Fahrzeugs über unterschiedliche Motordrehzahlen realisieren. Eine hinreichend große Spurweite sorgt für feinfühliges Lenken bei hohen Geschwindigkeiten. Die Fahrzeugsteuerung lässt sich in einer Analogschaltung realisieren, soll aber auf Basis eines Mikrocontrollers umgesetzt werden.

Die Umsetzung

Auf der Hauptachse sind zwei Infrarot-Reflexkoppler symmetrisch angebracht. Der Abstand der Sensoren zueinander ist minimal breiter als der weiße Streifen, dem das Fahrzeug folgen soll. Befinden sich die Fototransistoren der Reflexkoppler über dem grauen Untergrund, laufen beide Motoren mit gleich hoher Umdrehungszahl. 'Sieht' ein Fototransistor die weiße Linie, schaltet der dazugehörige Motor auf eine geringere Drehzahl. Durch den Drehzahlunterschied korrigiert das Fahrzeug die Fahrtrichtung. Erst wenn der andere Fototransistor die weiße Linie sieht, wechselt der Drehzahlunterschied die Seiten. In der weiteren Folge seiner Fahrt wird das Fahrzeug diese Pendelbewegung immer wieder ausführen. Entsprechend der Rennstrecke, vor allem zur Anpassung an die Kurvenfahrt, ist vorgesehen, die beiden Drehzahlen mittels Potentiometer einstellen zu können.

Die vorgestellte Lösung folgt der Überlegung, dass ein bereits laufender Motor wenig Energie verbraucht. Es wäre in der vorgestellten Variante auch möglich, statt mit verringerter Drehzahl den betreffenden Motor ganz abzuschalten. Wird jedoch der abgeschaltete Motor wieder benötigt, verbraucht sein Anlaufen viel Strom. Zum Einsatz kommen zwei sogenannte Solarmotoren (Leichtlaufmotoren), die bei kleiner Spannung und geringen Strom ein genügend großes Drehmoment für die Bewegung des 100 Gramm-Fahrzeugs aufbringen können.

Zur Energieversorgung wird ein Lithium Polymer-Akku mit 3,7 Volt verwendet. Auf dieser Basis liefert ein 3 Volt-Spannungswandler die Versorgungsspannung für den Arduino ProMini, den Motortreiber, die beiden Solarmotoren und optoelektronischen Reflexkoppler.

Probelauf und Feinabstimmung

Ein erster Versuch hat gezeigt, dass der Linienfolger schnell ins Schwingen kommt. Durch die geringe Reibung des hinten gelegenen Auflagepunktes war die Dämpfung in dem Regelsystem viel zu gering. In Erinnerung an den Flugdrachen aus Kindertagen, wurde ein mechanischer Dämpfer nachgerüstet. In diesem Fall ist es ein Seil mit Gewichten, das dem Linienfolger anhängt.

Um die Reibung der Räder maximal möglich zu erhöhen, muss ein großer Reibkoeffizient erreicht werden. Die Normalkraft ist gleich dem Gewicht des Linienfolgers. Mit 100 Gramm ist sie als konstant und unveränderbar anzusehen. Womit also den Reibkoeffizient maximieren? Es wird sich für das Bekleben der Räder mit schmalen Streifen Schleifpapier entschieden. 

Am Ende lag das Gewicht des Linienfolgers deutlich unter 100 Gramm. Damit war noch genügend Spielraum das Fahrzeugs mit einer kleinen Kamera auszustatten. In Anlehnung an die Schiffahrt und für Testzwecke zeigen eine rote (Backbord) und eine grüne (Steuerbord) LED die Richtungsänderung an. Eine weiße LED ist nach hinten ausgerichtet.